Als Coachin und Anbieterin von Psychotherapie begleite ich Menschen in Veränderungsprozessen – manche werden unfreiwillig durch eine Lebenskrise in diesen Prozess hineingestürzt, andere suchen aktiv nach innerer und äußerer Veränderung. Doch auch ich selbst befinde mich in ständigem Wandel. Was mich von anderen unterscheidet, ist oft lediglich der Grad an Bewusstheit, mit dem ich mich in diesen Prozess hinein begebe – und natürlich ein wenig Wissen darüber, was mich dabei erwartet.

Einer der spannendsten Prozesse war und ist für mich die Findung meines eigenen Profils – welche Menschen möchte ich begleiten, wem kann ich besonders gut zur Seite stehen? Meine Ausbildung in Atemzentrierter Psychotherapie und allgemeiner Gesprächspsychotherapie befähigt mich zwar dazu, ein breites Spektrum an psychischen Belastungen zu diagnostizieren und zu behandeln, aber für die therapeutische Beziehung gilt das, was auch bei allen anderen zwischenmenschlichen Beziehungen nunmal so ist:

Es muss schon passen mit uns beiden, sonst führt es zu nichts.

Bereits im Laufe meiner Ausbildung durfte ich erleben, dass manche der Ausbildungsklient*innen besonders gerne zu mir kamen, andere mich eher mieden. Nach und nach lernte ich auch, diesem Auswahlprozess zu vertrauen. Heute macht es mir meistens nichts mehr aus, wenn jemand sich gegen die Zusammenarbeit mit mir entscheidet – vielleicht stimmt einfach die Chemie nicht und diese Person braucht gerade eine andere Begleitperson, vielleicht hat sie nach dem Erstgespräch aber auch einfach festgestellt, dass sie sich gerade ganz alleine weiter entwickeln möchte.

Die Klient*innen jedoch, die sich für die Zusammenarbeit mit mir entscheiden, machen dann in dieser so schnelle, so beeindruckende und so nachhaltige Fortschritte, dass ich oft nur verblüfft da sitze und mich ebenso atemlos wie sie selbst frage, was hier gerade passiert ist. Das ist einer der aufregendsten Aspekte an meiner Arbeit: Indem ich beobachte, welche Klient*innen sich bei mir wohlfühlen, mit mir in Resonanz gehen, darf ich erfahren, wer ich bin und wo ich selbst gerade stehe. In den ersten drei Jahren meiner therapeutischen Arbeit setzten sich meine Klient*innen vor allem aus folgenden Gruppen zusammen:

– Kompetente Frauen mit überdurchschnittlich guten Karrieren, die sich im Zwiespalt zwischen ihrer Stärke und ihrer Weichheit neu aufstellen. Das kann ausgelöst sein durch einen Karriereschritt, durch eine neue Beziehung oder durch eine innere Stimme, die sich in Form einer Angstsymptomatik oder einer depressiven Phase äußert.

– Gestandene Männer, die sich urplötzlich mit nie gekannter Unsicherheit konfrontiert sehen und dringend einmal jemandem ihr Herz ausschütten möchten, dem sie im Alltag nicht über den Weg laufen. Meistens kommen diese am Ende oder am Beginn einer neuen Beziehung in die Praxis. Gerade die Angst, die von einem Neuanfang ausgelöst wird, trifft die meisten Menschen völlig unvorbereitet. Dabei gehört sie einfach dazu, wenn wir etwas Großes wagen. Manchmal ist sie aber eben auch ein deutlicher Ausdruck des Bauchgefühls, das uns sagen will, dass genau dieser Neuanfang noch nicht der richtige für uns ist.

– Expats – Männer und Frauen, die es beruflich oder privat ins Ausland geführt hat. Wer in einem anderen Land, in einer fremden Kultur mit großen privaten oder beruflichen Entscheidungen konfrontiert wird, benötigt oft ein wenig mehr Hilfe dabei, im Auf und Ab des ganz normalen Lebens die Nerven zu bewahren – und da reicht im Zweifelsfall schon die Landesgrenze zwischen Deutschland und einem der Nachbarländer aus, um sich fremd zu fühlen. Diese Arbeit gibt mir zusätzlich die Möglichkeit, mich in meiner Lieblingsfremdsprache auszutoben und zu verhindern, dass mein Englisch einrostet.

– Empfindsame junge Menschen am Beginn ihres Lebens außerhalb des familiären Haushalts. Diese kommen oft mit dem ganz allgemeinen Gefühl, eine Psychotherapie machen zu wollen – sie nehmen die Herausforderungen des selbstbestimmten Lebens deutlich wahr und befürchten, ihnen nicht so gut gewachsen zu sein, wie andere. Da geht es meistens um die Diskrepanz zwischen der eigenen gefühlten Verletzlichkeit und dem Eindruck, alle anderen Menschen um einen herum seien so viel klarer und selbstsicherer beim Beschreiten ihres Lebenswegs. Dabei sind gerade diese Menschen so besonders mutig, dass sie in der Lage sind, ihre eigene Verletzlichkeit ungefiltert wahrnehmen zu können. Sie dürfen lediglich noch lernen, ihren eigenen inneren Kompass richtig zu deuten und ihm zu vertrauen.

All diese „Zielgruppen“ haben etwas mit mir zu tun – ich selbst habe mich im Laufe meines Lebens immer wieder in ähnlichen Situationen wiedergefunden und mit mir selbst gerungen. Nein, ein Mann bin ich nie gewesen, aber die Angst am Beziehungsanfang kenne ich gut – aus der Perspektive des weiblichen Gegenübers, aber auch von mir selbst. All die individuellen Erlebnisse unterscheiden sich jedoch auch immer von meiner Geschichte. Und so darf ich immer wieder genau hinhören, behutsam nachfragen und mit all diesen Menschen den Kern dessen herausarbeiten, was sie gerade so aus der Bahn wirft.

Zurzeit kenne ich meine Schwerpunkte also sehr genau – nicht, weil ich sie in einem anstrengenden, kopflastigen Prozess erarbeitet hätte – sondern weil ich mich vertrauensvoll habe finden lassen. Und ich blicke gespannt in die Zukunft, wer und was mich noch so alles finden wird!